Das Öko-Institut hat eine umfassende Ökobilanz des dualen Systems in Deutschland erstellt und erstmals systematisch mögliche Entwicklungsszenarien des Systems analysiert. Nicht nur der heutige Klima- und Umweltschutzbeitrag des dualen Systems wird ermittelt, sondern auch das Potenzial in der Zukunft. Das duale System bietet erhebliche Potenziale, in Zukunft noch mehr zum Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz beizutragen – die Studie zeigt, unter welchen Bedingungen sie verwirklicht werden können.

 

"Das duale System leistet einen großen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Dennoch bleibt erhebliches Potenzial noch ungenutzt, das durch die richtigen Weichenstellungen gehoben werden kann."

 

 
Die Studie des Öko-Instituts zeigt und beziffert den Nutzen des dualen Systems für die Erfassung und Verwertung von Verkaufsverpackungen. Dabei wird deutlich: Im dualen System stecken weitere große Potenziale. Durch eine gezielte Weiterentwicklung und Optimierung können diese Potenziale gehoben und der Nutzen des dualen Systems kann weiter ausgebaut werden.

Leistungen

Dies gilt besonders für Leichtverpackungen aus Kunststoffen, Metallen und Verbunden. Allein deren Sammlung und Verwertung durch das duale System entlastet die Umwelt pro Jahr heute um 1,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Gesamtbeitrag des Verpackungsrecyclings von Leichtverpackungen, Glas und PPK zum Klimaschutz liegt bei 3,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.

Durch das Recycling von Leichtverpackungen wird die Umwelt in vielerlei Hinsicht entlastet. Die Versauerung der Böden sinkt ebenso signifikant wie die Belastung durch Phosphatäquivalente, die sogenannte terrestrische Eutrophierung. Darüber hinaus werden fossile energetische Ressourcen, beispielsweise Kohle und Öl, durch das duale System geschont.

Das Recycling von Leichtverpackungen trägt im Vergleich zur Verwertung anderer Abfallfraktionen überdurchschnittlich stark zum Klimaschutz bei, pro Tonne beispielsweise 19 Mal mehr als die Entsorgung des Restmülls, der zu großen Teilen in Müllverbrennungsanlagen beseitigt wird. Mehr als die Hälfte des Klimaschutzbeitrags aus der Verwertung von Abfällen ist dem dualen System zuzuordnen.

Unter Umweltgesichtspunkten ist Recycling den Verfahren der energetischen Verwertung überlegen. Dies gilt insbesondere in der Gesamtschau aller Umweltkriterien und dann, wenn man neben den klassischen Wirkungskategorien der Ökobilanz auch Aspekte wie den Ressourcenschutz und die Umweltbelastung durch die Rohstoffgewinnung berücksichtigt.

Perspektiven

Durch die Ausweitung der Erfassungsmenge, optimierte Getrennthaltungskonzepte und eine flächendeckende Sortierung auf dem Stand der heutigen Technik könnte das duale System einen noch größeren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Dieser könnte sich bei optimaler Entwicklung und unter Einbeziehung der Gutschriften für Glas sowie Papier, Pappe und Karton auf über 4,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr summieren. Der Ausbau des dualen Systems würde auch zu einer klaren Verringerung der Versauerung, der Eutro­phierung und des Verbrauchs fossiler energetischer Ressourcen führen.

Alle heute absehbaren Trends lassen die Überlegenheit des Recyclings gegenüber der energetischen Verwertung zukünftig noch weiter ansteigen. So verringern etwa grünere Strom- und Wärme­mixe im Zuge der Energiewende den öko­logischen Mehrwert der Strom- und Wärmeerzeugung durch energetische Verwertung.

Höhere Quoten für das Kunststoffrecycling, eine Erleichterung der Sortierung in den Haushalten (beispielsweise durch die Einführung der Wertstofftonne), Anreize für die Verwendung besser recycelbarer Verpackungsmaterialien (Design for Recycling) sowie Sicherheit im Hinblick auf die notwendigen Investitionen in Innovationen und technischen Fortschritt stellen – gerade in ihrer Kombination – wirkungsvolle Stellschrauben dar.

Hintergrund

 

Der Übergang von einer Linear- zu einer Kreislaufwirtschaft ist angesichts von Klimawandel, Umweltverschmutzung, Bevölkerungswachstum und Ressourcenabhängigkeit sowohl ökologisch als auch ökonomisch erforderlich. Doch so unumstritten das Ziel einer Kreislaufwirtschaft in Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ist, so umstritten und unklar ist der Weg dorthin. Bei der Entwicklung zukunftsfähiger Lösungsansätze stellt sich vor allem die Frage nach der Effektivität bestehender Instrumente und Strukturen. Deutschland ist Pionier bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft. Mit der Einführung der Produktverantwortung und der Schaffung des dualen Systems zur Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen wurde vor über 25 Jahren ein Weg eingeschlagen, der heute für viele Länder innerhalb und außerhalb Europas Vorbildcharakter hat. Während das duale System in Deutschland nach der Öffnung für den Wettbewerb aus elf Systembetreibern besteht, wird der Grüne Punkt weit über die Grenzen hinweg genutzt. Er gilt als eines der bekanntesten Markenzeichen und steht für Umwelt- und Ressourcenschutz.

Ein Blick in die Zukunft des dualen Systems

 

Doch was hat das duale System seit 1990 in Deutschland geleistet? Welchen Nutzen hat es für Umwelt und Klima? Und vor allem: Welche Potenziale stecken in der Weiterentwicklung des Systems?

 

Diese Fragen wurden bislang wissenschaftlich nur in begrenztem Maße beantwortet. Unterbelichtet blieben in den Untersuchungen zum dualen System vor allem die Effekte der Rahmenbedingungen – von der Erweiterung der Produktverantwortung auf weitere Stoffströme bis hin zum Ausbau von erneuerbaren Energien und zur Verwendung besserer Sortiertechnik – und deren Wirkungszusammenhänge.

 

In der Studie „Recycling ist Zukunft – ökologische Leistungen und Potenziale des dualen Systems“ erstellt das Öko-Institut im Auftrag der DSD – Duales System Holding GmbH & Co. KG nicht nur eine umfassende Ökobilanz, um die Be- und Entlastungen für Umwelt und Klima zu ermitteln, die durch das duale System für die Erfassung und Verwertung von Verkaufsverpackungen in Deutschland entstehen. In der von einem unabhängigen Gutachter geprüften Studie nimmt das Öko-Institut vor allem auch die Zukunft in den Blick und untersucht anhand von Szenarien die Potenziale des dualen Systems. Diese Szenarienanalyse lässt erstmals wichtige Schlussfolgerungen für politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu.

Ansatz und Methodik

Die Untersuchung des Nutzens und der Potenziale des dualen Systems erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird für den Zeitraum von 1990 bis 2014 Bilanz gezogen, um zu ermitteln, welchen Beitrag das duale System bereits heute zum Klima- und Umweltschutz leistet. Der Status Quo (2014) wird dazu in Bezug zur Abfallwirtschaft im Jahr 1990, also vor Beendigung der Deponierung und vor Einführung des dualen Systems, gestellt (siehe Nutzen des dualen Systems). Um bis zum Jahr 2030 die Potenziale einer Weiterentwicklung des dualen Systems abschätzen zu können, werden anschließend in drei Szenarien politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen variiert und in Sensitivitätsanalysen weitere absehbare Veränderungen berücksichtigt.

Die Methode: Ökobilanzierung

 

Die Untersuchung des dualen Systems folgt der Ökobilanz nach ISO 14040/14044. Für die Fragestellung dieser Studie wird die detailgetreue Abbildung einzelner Produkte jedoch durch eine übergreifende Betrachtung ganzer Sektoren oder Handlungs­felder, in diesem Fall des deutschen dualen Systems, ersetzt.

 

Es werden sowohl Belastungen als auch Entlastungen der Umwelt durch die Erfassung und Verwertung bzw. Beseitigung der Verpackungsabfälle in Deutschland untersucht. Dabei beziehen sich die Daten auf die im System erfasste Gesamtmenge und demnach auf die Leistungsfähigkeit des gesamten dualen Systems, bestehend aus Erfassung, Sortierung und Verwertung der Stoffe. Der Fokus liegt auf Leichtverpackungen. Betrachtet wird der Weg des Abfalls von der Sammlung bei der Anfallstelle (z. B. in den Haushalten) über die Sortierung und Aufbereitung bis zur Erzeugung von Sekundärprodukten. Berücksichtigt werden Transporte, extern bezogene Energie und Hilfsstoffe, (z. B. Natronlauge zur Neutralisierung des Chlor-Inputs im Abfall) sowie die Entsorgung anfallender Abfälle (z. B. Sortier- und Aufbereitungsreste).

 

¹ Die ecoinvent-Datenbank ist das führende Datensystem zur zentralen Erfassung, Berechnung und Verwaltung von Ökobilanzdaten. Sie wird vom schweizerischen ecoinvent-Zentrum zur Verfügung gestellt. In dieser Studie wird mit ecoinvent V3.1 gearbeitet.

Neben Mittelwerten, etwa zum Rohstoff- und Energieverbrauch, die vor allem aus dem Datensatz ecoinvent¹ stammen, werden zusätzlich spezifische Daten ermittelt. Diese Daten, beispielsweise zu Stoffströmen und Energieverbrauchswerten, stammen teilweise von DSD und wurden in diesen Fällen mit Experteneinschätzungen abgeglichen, um die Repräsentativität der Daten für das gesamte duale System zu gewährleisten.

 

Die Kriterien: Umweltwirkungen

 

Zur Berechnung des Treibhauspotenzials (GWP) werden die Einsparung und Belastung des Klimas mit CO2-Äquivalenten betrachtet, für die Umweltkategorie Versauerung (AP) die Emissionen säurebildender Abgase. Eutrophierung steht für eine Nährstoffzufuhr im Übermaß, sowohl für Gewässer als auch für Böden. In dieser Studie wird auf Grund der Datenlage allein die terrestrische Eutrophierung betrachtet und die Nährstoffemissionen werden hierbei durch die Aggregation von Phosphatäquivalenten berechnet. Die Schonung bzw. der Verbrauch fossiler energetischer Ressourcen wird über den Indikator „kumulierter fossiler Energieaufwand“ (KEAfossil) ermittelt. KEAfossil ist ein Maß für den gesamten Verbrauch an energetischen Ressourcen, die für die Bereitstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung benötigt werden. Summiert wird dabei der gesamte mit dem Energieverbrauch verbundene Ressourcenverbrauch.